Eigentlich sollten bereits ab 31.07.2016 vor allem in Berlin etliche Spielhallen schließen, da deren 5-jährige Lizenz ausgelaufen ist. Wie nun der Tagesspiegel berichtet, gibt es weiterhin massive Probleme bei der Umsetzung des Vorhabens. Die Behörden sind mit der Vielzahl an Anträgen für Sonderverfahren überfordert und die unterschiedlichen Behörden schieben sich gegenseitig den Peter zu.
Die Ursache für die Trägheit liegt wohl primär in dem Losverfahren, das in Kraft tritt, wenn sich mehrere Spielhallen nebeneinander befinden. Sofern alle die gesetzlichen Anforderungen erfüllen, wird also zufällig bestimmt, welches Spielcasino weiter betrieben werden darf und welches für immer die Pforten schließen muss. Eine solch gravierende Entscheidung von einem Los abhängig zu machen, ist bisher einmalig. Es stellt sich seit der Ankündigung vor mehr als 2 Jahren die Frage, ob dies überhaupt rechtlich korrekt durchsetzbar ist. Verständlicherweise klagen abgelehnte Betreiber natürlich ihr Recht ein und bestehen entweder auf eine Sondergenehmigung für den Weiterbetrieb oder verlangen eine neue Auslosung.
Schließlich erfordert eine Spielothek mit ihren meist 12 Geldspielgeräten eine hohe Kapitalbindung und ist nicht allzu leicht in bare Münze umzuwandeln. Insbesondere dann nicht, wenn sich die Räumlichkeiten in einem Vergnügungsviertel befinden, wo zuvor quasi ausschließlich Casinos zu finden waren. Der Wiederverkaufswert der Spielgeräte sinkt in Folge der Marktverkleinerung immens – faktisch wird man also neben dem Verlust der Betreiberlizenz auch eine Menge Geld verlieren.
Doch auch für den Besucher ergeben sich dadurch Konsequenzen. Der Besuch einer örtlichen Spielhalle wird immer unattraktiver:
- Weniger Standorte führen oft zu einer längeren Anfahrt
- Einschränkungen an den Spielautomaten führen zu längeren Spielunterbrechnungen, häufigeren Einsatzpausen etc.
- Neue Spiele werden mittlerweile oft zuerst online veröffentlicht
- Durch die Spielerkarte kann nur noch an einem Automaten pro Person gespielt werden
Gleichzeitig wird es für die Kunden immer normaler, ein Großteil ihrer Zeit im Internet zu verbringen. Dank der großen Verbreitung von Smartphones und der mittlerweile überall verfügbaren Web-Apps für die Casinos gibt es kaum mehr Barrieren. Häufig kann direkt per PayPal eine Einzahlung vorgenommen werden, was in Deutschland bevorzugt wird. Das einzige Manko bisher ist, dass man online nicht die gleichen Spielautomaten findet, wie sie in der lokalen Spielothek zu finden sind. Doch diesem Problem haben sich einige Seiten angenommen, die sich speziell als Online Spielhallen etablieren möchten – bei ihnen gibt es genauso Novoline & Co. zum Direktspiel. Das bedeutet, es sind sogar Automaten wie Book of Ra direkt im Internet spielbar.
Einen Nachteil – der gleichzeitig ein Trost für die Spielhallenbetreiber ist – gibt es dennoch: Eine direkte Auszahlung ist bisher nirgends möglich. Man muss sich oft mehrere Tage gedulden, bis man an das gewonnene/ausgezahlte Geld herankommt. Somit wird es weiterhin genügend Spieler geben, welche diese Wartezeit nicht in Kauf nehmen möchten und deshalb dem Online-Spiel eine Absage erteilen.
Doch insbesondere in Städten, welche über staatliche Spielcasinos verfügen (z.B. Berlin mit den Berliner Spielbanken) wandern immer mehr Kunden aus den Spielotheken ab. Sie haben die etlichen Einschränkungen satt und suchen nach Orten, wo sie ungestört und ohne Auflagen dem Glücksspiel nachgehen können. Diesem Wunsch entsprechend staatliche Spielbanken durchaus, da diese laut Gesetz als Glücksspiel gelten und nicht wie Spielhallen als „Unterhaltungsgeräte mit Gewinnmöglichkeit“. Das heißt zum einen, dass hier ganz andere Einsätze (höher) gewagt werden können, zum anderen aber auch ein deutlich besserer Spielerschutz herrscht. Spielsüchtige oder gefährdete Spieler haben die Möglichkeit, sich direkt vor Ort sperren zu lassen. Damit erhalten sie im gesamten Bundesland keinen Eintritt mehr in die Casinos und sind außerdem für das staatliche Lotto gesperrt.
Obwohl seit Jahren von der Politik gefordert, haben es die Spielhallenverbände immer noch nicht realisiert, einen gleichwertigen Spielerschutz zu gewährleisten. Deshalb ist es wohl oder übel gerechtfertigt zu sagen, dass das Sterben der Spielotheken auch auf realen Gründen basiert. Es bleibt jedoch die Frage, wie die etlichen Unternehmer mit den Veränderungen umgehen.